Warum ist es so schwer, Nein zu sagen – und was Bindung damit zu tun hat - Ein Artikel von Gisa Steeg

Warum ist es so schwer, Nein zu sagen – und was Bindung damit zu tun hat

Ein Artikel von Gisa Steeg

Immer wieder werde ich von Seminarteilnehmer (m/w/d, sorry, ich gendere nicht auf Biegen und Brechen, doch bitte fühlt euch alle herzlich angesprochen) gefragt:
„Gisa, ich will doch Nein sagen – aber in dem Moment, in dem ich den Mund öffne, kommt wieder ein Ja heraus. Obwohl ich ganz genau spüre, dass ich Nein meine. Ich habe einfach Angst, der andere könnte verletzt sein, enttäuscht sein oder mich ablehnen.“

Oder wie eine Teilnehmerin ihre Gefühle ausdrückte: „Immer wenn ich JA sage, aber eigentlich ein Nein wollte, dann ärgere ich mich so über mich selbst und fühle mich schlecht und ausgenutzt.“

Kennst du das?
Dieser innere Konflikt zwischen deinem klaren Gefühl und dem, was am Ende wieder über deine Lippen kommt?

Ich muss ehrlich zugeben, auch mir passiert das hier und da mal, ich sage Ja, obwohl ich in Nein meine, setze Grenzen und stelle später fest, da ist mal wieder jemand darüber gelatscht… das passiert manchmal auch subtil und schleichend. Jetzt denkst du bestimmt, was, dir? Du hast doch darüber ein Buch geschrieben und gibst seit mehr als 10 Jahre Workshops, Vorträge und Seminare zu diesem Thema.

Ja, ich, und genau deshalb grabe ich auch hier und da tiefer, ich suche weiterhin nach Mustern, Glaubenssätze und was sonst noch dahinter steckt. Und weißt du was, ich bin im Business-Kontext klar, „knallhart“, treffe Blitzschnell gute Entscheidungen und privat klappt das nicht so zu 100 %. Und ja da bin ich doch tatsächlich so einigen kindlichen Bindungsmustern auf die Spur gekommen.

Und genau hier kommt etwas ganz Wichtiges ins Spiel: Schon in unserer Kindheit hat unser Nervensystem gelernt, wie es auf Nähe, Distanz und Grenzen reagieren soll. Jede Erfahrung, ob wir für unsere Anpassung geliebt wurden (Lob, Liebe, Anerkennung geerntet) oder für unser Nein Ablehnung (Schmerz, Leid, Missachtung) erfuhren, hat sich wie eine Spur in unseren Zellen und in unserem Nervensystem eingeprägt. Diese alten Spuren sind bis heute aktiv, auch wenn die Situation längst vorbei ist.

Darum passiert es, dass wir als Erwachsene Ja sagen, obwohl wir innerlich ein klares Nein fühlen. Dass wir uns fühlen und reagieren, wie ein kleines Kind: Unser Nervensystem erinnert sich an die alten Gefahren und reagiert mit Stress, Anspannung oder der Angst, die Bindung zu verlieren.

Jedes Mal, wenn wir uns und unsere Bedürfnisse selbst übergehen, schwächen wir diese innere Stabilität noch mehr. Jetzt kommt die gute Nachricht: Wir können unser Nervensystem neu trainieren. Indem wir liebevoll ein Nein aussprechen, üben wir eine neue Sicherheit: Ich bleibe verbunden, ich bleibe geliebt – auch wenn ich eine Grenze setze. Genau dieses Erleben stärkt uns von innen heraus und schenkt uns neue Kraft.

Und ja, da bin ich doch tatsächlich so einigen kindlichen Bindungsmustern auf die Spur gekommen:

Unsere kindlichen Muster – warum wir Ja sagen, obwohl wir Nein fühlen

Wie du siehst, auch ich weiß durchaus, dass die Fähigkeit, Nein zu sagen und Grenzen zu setzen, nicht einfach eine Entscheidung im Hier und Jetzt ist. Warum? Weil sie eng verwoben ist mit all den Mustern, die wir in unserer Kindheit gelernt haben. Da ist es wieder einmal, unser inneres Kind und unsere Kindheit wirkt nach.

  • Als Kinder sind wir zutiefst abhängig von der Liebe und Zuwendung unserer Eltern oder Bezugspersonen. Was lernen wir schon sehr früh:
  • Wenn ich lieb und angepasst bin, bekomme ich Nähe und Aufmerksamkeit – also sage ich Ja, auch wenn ich Nein meine.
  • Wenn ich widerspreche oder ablehne, droht Ablehnung oder Liebesentzug – also schlucke ich mein Nein herunter.
  • Wenn ich zu viel Nähe suche, könnte der andere mich zurückstoßen – also ziehe ich mich zurück, statt meine wahren Bedürfnisse klar zu äußern.
  • Wenn ich meine Autonomie lebe und mich abgrenze, verliere ich vielleicht die Sicherheit der Bindung – also gebe ich meine Grenze auf, um die Beziehung nicht zu gefährden.

Aus dieser Erfahrung entsteht ein Bindungsmuster, das uns bis ins Erwachsenenalter prägt. Ich nenne diese Muster auch gerne Schutzprogramme, Überlebensmuster, manchmal wirken sie, wie Selbstsabotageprogramme. Statt frei zu wählen, reagieren wir oft automatisch: Wir sagen Ja, weil wir Angst haben, durch ein Nein die Bindung zu gefährden oder ganz zu verlieren. Das sind keine rationalen Gedanken, es sind uralte Überlebensprogramme unseres inneren Kindes. Wir fühlen uns, als ob wir Marionetten an Fäden sind.

Stopp, raus aus der Manipulation. Durchschneide die Fäden - Bildquelle: AdobeStock linzensiert
Nein sagen und selbstbewusst Grenzen setzen – Durchschneide die Fäden deiner Kindheit, von Gisa Steeg –
Bildquelle: AdobeStock linzensiert

Die unausgesprochenen Überzeugungen (Glaubenssätze) hinter dem Ja

Und dann sind da noch unsere Hirngespinste, auch Glaubenssätze, oder sollte ich sagen Identitätsbestandteile, die als Überzeugungen daherkommen. Genau diese stecken oft hinter unserem automatischen Ja, und manchmal ganze innere Geschichten, die wir uns selbst erzählen. Es fühlt sich in der Tat an, als ob wir fremdgesteuert sind.

  • „Wenn ich Nein sage, ist der andere enttäuscht.“
  • „Er oder sie denkt dann, ich sei egoistisch.“
  • „Wenn ich ablehne, wendet sich der andere ab.“
  • „Ich muss gefallen, sonst verliere ich die Freundschaft (Verbindung).“

Doch diese Überzeugungen sind meist nicht die Realität – sie sind Erinnerungen an alte Gefühle aus unserer Kindheit.

Und oft geschieht etwas Überraschendes: Für unser Gegenüber ist unser Nein gar kein Problem. Es wird akzeptiert, manchmal sogar respektiert.

Vielleicht kennst du solche Situationen: Eine Freundin fragt dich, ob du am Wochenende beim Umzug helfen kannst, oder sie möchte mit dir in das Kino gehen. In dir schreit alles „Nein, ich brauche dringend Ruhe“, doch deine Gedanken drehen sich: Wenn ich absage, ist sie enttäuscht. Sie denkt bestimmt, ich bin egoistisch.
Und dann, wenn du dich doch traust Nein zu sagen, hörst du: „Schade, aber ich verstehe dich, mir geht es auch manchmal so – danke, dass du ehrlich bist.“

In diesem Moment merkst du: Nicht das Nein oder die Beziehung zur Freundin war das Problem, sondern deine alten inneren Überzeugungen, die dich vorher gefangen hielten.

Wie du siehst, nur wir selbst tragen diese Erwartungen und Befürchtungen in uns, wie ein Echo aus der Vergangenheit. Ein Echo, ich sag auch gerne, unser „Quatschi im Kopf“ das sagt: „Wenn ich mich abgrenze, verliere ich Liebe.“
Und genau dieses Echo dürfen wir heute entlarven und durchbrechen, um den „Quatschi“ (innerer Kritiker) zum schweigen zu bringen.

Bindung, Beziehung und Autonomie – die Wurzeln unserer Dynamik

Fakt ist, unsere Eltern-Kind-Beziehung ist das erste „Beziehungslernfeld“ unseres Lebens. Weil sie formt, wie wir Nähe und Distanz erleben, wie wir uns abgrenzen und trotzdem verbunden (angebunden) bleiben.
Wenn Bindung für uns als Kind an Bedingungen geknüpft war („Ich werde nur geliebt, wenn ich brav bin“), dann tragen wir diese Dynamik oft unbewusst in unsere Partnerschaften, Freundschaften oder auch ins Berufsleben hinein.

Die Folgen sind: Wir sagen Ja, obwohl wir innerlich zerreißen, weil das Nein in uns mit Angst verbunden ist:

  • Angst davor, verlassen zu werden.
  • Angst, nicht mehr dazu zu gehören.
  • Angst, nicht mehr geliebt zu sein.

Doch genau hier liegt der Schlüssel: Unsere heutigen Schwierigkeiten, Nein zu sagen, sind keine Charakterschwäche. Es sind alte Beziehungsmuster, die aus unserem Bindungserleben aus der Kindheit entstanden sind und uns geprägt haben.

Wenn wir das verstehen, können wir beginnen, uns davon zu lösen – und eine gesunde Balance zwischen Bindung und Autonomie zu entwickeln. Das bedeutet, wir können ein neues Verhältnis und neue „Beziehung“ zu unseren Beziehungen aufbauen. Wir können endlich Nein sagen ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

Ich habe hier vier Wege, wie du diese Muster erkennst und durchbrechen kannst

  1. Spüre dein inneres Kind:
    Wenn du dich wieder einmal über dich selbst ärgerst, weil du Ja gesagt hast, aus Angst vor …. was auch immer. Dann lege dir in einem ruhigen Moment die Hand auf dein Herz und frage dich: „Wessen Angst ist das gerade?“ „Wessen Wut ist das gerade?“ Oft wirst du spüren, dass es die Angst oder die Wut des kleinen Kindes in dir ist – nicht die der erwachsenen Frau oder des erwachsenen Mannes von heute. Allein dieses Bewusstwerden schenkt dir Raum für eine neue Entscheidung – genau dieser Raum, von dem Viktor Frankl spricht: Zwischen Reiz und Reaktion liegt unsere Freiheit. Dort beginnt die Möglichkeit, dein altes Ja in ein klares, liebevolles Nein zu verwandeln.“
  2. Übe kleine Neins im Alltag:
    Du musst nicht sofort das große, schwere Nein sprechen. Du musst nicht sofort den Sprint oder Marathon laufen, es reicht, wenn du mit kleinen Spaziergängen beginnst. Fang klein an: Sage Nein zu einer Verabredung, die dir zu viel ist, oder Nein zu einer Bitte, die dir deine Energie rauben würde. Jedes kleine Nein stärkt dein Nervensystem und zeigt dir: Ich bleibe sicher und geliebt, auch wenn ich Grenzen setze.
  3. Hinterfrage deine Überzeugungen:
    Wenn dich die Angst vor dem Nein lähmt, halte kurz inne und frage dich: „Weiß ich wirklich, wie der andere reagieren wird, oder denke ich das nur?“
  4. Denke daran, oft wird unser Nein viel leichter angenommen, als wir erwarten. Und selbst wenn jemand enttäuscht ist, bleibt deine Grenze trotzdem wertvoll und richtig. Auch die anderen haben ihre eigenen kleinen Kinder und Dämonen.
  5. Unterscheide Bindung von Anpassung:
    Eine Übung, die nicht einfach ist und trotzdem tief wirksam. Beobachte dich bewusst in Beziehungen: Spüre ich mich wirklich verbunden oder reagiere ich, passe mich an, ordne mich unter, lasse andere über meine Grenzen gehen?
    Echte Bindung erlaubt eigene Bedürfnisse und Grenzen. Anpassung hingegen kostet dich Lebenskraft. Allein diese Klarheit kann dein deine innere Muster durchbrechen.

Vielleicht spürst du beim Lesen, dass etwas in dir in Resonanz geht.
Dass ein Teil von dir sagt: Ja, genau das kenne ich. Das bin ich.

Und vielleicht spürst du auch, dass es Zeit ist, dich nicht länger von alten Mustern leiten zu lassen, sondern deinem inneren Kind Sicherheit zu schenken und dir selbst die Erlaubnis, klar und liebevoll Grenzen zu setzen.

Dafür habe ich einen geschützten Raum geschaffen, in dem wir gemeinsam genau diesen Weg erforschen: Wie du Nein sagst, ohne Schuldgefühle. Wie du deine Grenzen erkennst, wahrst und dadurch deine Beziehungen heilst.

  • Wenn du dir das wünschst, bist du von Herzen eingeladen, am 10. Oktober 2025 bei meinem Workshop „Nein sagen und selbstbewusst Grenzen setzen“ in Seligenstadt dabei zu sein.
    Nein sagen und selbstbewusst Grenzen setzen – Eine liebevolle Einladung an dich, deine alten Geschichten aufzulösen und neu zu schreiben Lesung und Kurzworkshop:
    Nein sagen und kraftvoll Grenzen setzen
    📅 10. Oktober 2025
    📍 Veranstaltungsort: Yogi Spatzen, Frankfurter Str. 6 63500 Seligenstadt
    ⏰ von 19 – 20.30 Uhr
    Energieausgleich 10 €
    Anmeldung: gisa-steeg@email.de oder per WhatsApp 015233921726

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Gisa Steeg ist Jahrgang 1970, arbeitet als psychologische Beraterin, Steh-auf-Mentorin, Buch-Mentorin, Autorin und Mutmacherin für mehr Kraft und innere Stärke, und lebt in der Nähe von Heidelberg. Sie ist ausgebildete Handelsfachwirtin, Business-Coach, Hypnose-Coach, Selbstbewusstseinstrainerin und systemische Beraterin, Wingwave-Coach, NLP-Master und Kommunikationstrainerin. Als Coach, Mentorin, Autorin und Unternehmerin hat sie Erfahrung aus mehr als 25 Jahren Tätigkeit als Dozentin im Marketing, Vertrieb und in der Persönlichkeitsentwicklung. Sie schreibt und veröffentlicht ein Buch nach dem anderen und hilft Menschen, in ihre Kraft zu kommen und selbst Bücher zu schreiben, das zeigt sie unter anderem in ihren Büchern, Kongressen, Firmen-Seminaren und Coachings. Das Besondere bei Gisa ist ihre Kompetenz als Coach und Stärken-Mentorin. Insgesamt sind bis Ende 2023 14 Bücher von ihr als Autorin und 9 als Co-Autorin erschienen. Von April bis September 2021 moderierte sie ihre eigene Radiosendung „Let’s Talk“ mit Gisa Steeg und auch hier ging es um starke Themen, starke Bücher und starke Menschen. Nicht nur im Podcast und in ihren Büchern, sondern auch auf ihrem Videoblog auf YouTube und auf ihren Social-Media-Kanälen gibt sie viel Wissen preis. #spürbarstarkvonINNEN #resilienzrockt Kontakt: www.gisa-steeg.de und www.gisa-steeg.com
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